#011 Mehr Rendite bei weniger Risiko – Die Kunst des Rebalancings

 

Mehr Rendite bei weniger Risiko – Ein vollmundiges Versprechen, das eher aus der Fondsindustrie kennt und meistens nicht gehalten wird. In diesem Fall ist es aber anders. In dieser Folge spreche ich mit dir über die Kunst des Rebalancierens, es geht um das sogenannte Rebalancing. Das Rebalancing ist ein Verfahren bei dem man die ursprünglichen Gewichtungen der einzelnen Anlagen im Depot regelmäßig wiederherstellt. Wenn über die Zeit hinweg ein Investment wesentlich besser läuft als die anderen, dann nimmt auch der Anteil im Depot zu und anders herum. Wenn man dann ein Rebalancing macht, dann wird der Gewinnüberschuss von der gut gelaufenen Position verkauft und bei den schlechter gelaufenen Positionen reinvestiert. Das heißt man verkauft systematisch teurer und kauft günstiger. Du erhöhst damit die Rendite deines Portfolios und senkst gleichzeitig das Schwankungsrisiko Damit ihr es ein bisschen einschätzen könnt, von welchen Größenordnungen wir sprechen, zeige ich euch ein kurzes Beispiel. Wenn man von 1988 bis 2013 zur Hälfte in Deutsche Aktien und deutsche Staatsanleihen investiert hätte, wären nach 25 Jahren 7,72% Rendite rausgekommen. Allerdings verschieben sich die Anteile der beiden Anlageformen über die Zeit recht deutlich. In der Regel zu den höherrentierlichen Aktienbeständen. Wenn man einmal im Jahr die ursprüngliche Gewichtung von 50-50 wieder hergestellt hätte, wäre die Rendite mit 8,63% bedeutend höher gewesen. Ein Plus von 0,91% pro Jahr und das total verrückte ist, dass die Schwankungen – also das Risiko und die Rückgänge – abgenommen haben. Und zwar spürbar um 1/5. (Disclaimer: Renditen der Vergangenheit sind keine Garantie für zukünftige Renditen, risikobehaftete Kapitalanlage). Ich finde das schon extrem beeindruckend, weil normalerweise jede Handlung im Depot, die eine Erhöhung der Rendite beabsichtigt, auch immer mit einer Erhöhung des Risikos einhergeht. Aber in diesem Fall ist das anders. In der Folge beschäftigen wir uns damit warum das so ist, wie man das Rebalancing selbst umsetzt und welche Eigenschaften die einzelnen Anlagen optimaler Weise mitbringen sollten.

Warum ist das so erfolgreich?

Der Nobelpreisträger William Sharpe stellte schon fest, dass antizyklisches Investieren ertragreicher ist. Er hat festgestellt, dass es convexe und concarve Anleger gibt. Also Anleger, die rausgehen aus dem Markt, wenn er fällt und welche die dann einsteigen. Und dadurch, dass sich die allermeisten Marktteilnehmer, egal ob private oder institutionelle, convex verhalten, also rausgehen, wenn der Markt runter geht, und nur die Minderheit dann einkauft wenn es günstig ist, werden diese Anleger mit einer zusätzlichen Renditeprämie belohnt. Im Prinzip ein logisches Vorgehen, billig kaufen und teuer verkaufen. Aber die meisten machen es andersrum. Und hier liegt meines Erachtens, der größte Vorteil des Rebalancings. Es automatisiert diesen Prozess ohne dass man darüber nachdenken muss, ob der Zeitpunkt jetzt gut oder schlecht ist.  Es ist aber unheimlich schwierig sich antizyklisch zu verhalten, wenn die ganze Welt aus den Fugen gerät, und die Medien ihr Übriges dazu tun. Wenn man da nicht 100% konfident ist und alle schlechten Nachrichten ignorieren kann, wird man nicht in der Lage dazu sein das richtige zu tun und in die schlechten Nachrichten hinein Aktien zu zukaufen.

Und dafür ist ein automatisiertes Rebalancing ein wahnsinnig gutes Instrument, weil man erstens grundsätzlich antizyklisch agiert. Zweitens lässt man jede Spekulation über Zeitpunkt und Richtigkeit außer Acht. Zum festgelegten Zeitpunkt wird es einfach ausgeführt. Kein warten auf den perfekten Zeitpunkt, kein ärgern über ein zu frühes oder zu spätes Ein- oder Aussteigen. Nein, man übergibt diese Entscheidung an das Rebal. Und es gibt einem einfach das nötige Vertrauen, dass es funktionieren wird. Auf das Rebalancing kann man sich einfach verlassen, weil es eine Concarve, emotions- und prognosefreie Strategie ist.  Man muss nur auf ein paar Dinge achten, damit es auch seine volle Leistungsfähigkeit ausspielen kann.

 

Wann und wie oft sollte man ein Rebalancing machen?

Ich hab das Thema schon immer enorm spannend gefunden und hab nach viel Forschung in dem Bereich auch meine Bachelor Arbeit 2013 dem Thema gewidmet. Und zwar mit dem Ziel eine Methode zu entwickeln, mit der man den optimalen RB-Zeitpunkt bestimmen kann. Wann es am Vorteilhaftesten ist zu rebalancieren um noch mehr rauszuholen. Auch ich habe mich erst selbst davon überzeugen müssen, dass es keine Superformel oder einen Algorithmus gibt, mit dem man die Märkte irgendwie seriös prognostizieren kann. Das einzige ist das CAPE aus der Folge #8, aber das funktioniert ja auch nur auf Sicht von 10-15 Jahren. Zeitpunkt ist nicht so wichtig, einmal am Jahresende reicht. Ich mache es bei meinen Kundendepots immer am 01.01. und zwar automatisiert durch die Depotbank. Es gibt auch Berechnungen die sagen: was wichtiger ist als der Zeitpunkt ist, ist das Verhalten der einzelnen Bausteine. Also der sog. Korrelationen innerhalb deines Depots. Wenn du z. b. nur ähnliche Aktien im Depot hast und die alle irgendwie das gleiche machen, dann bringt auch das Rebalancing absolut nichts. Die Portfoliobestandteile müssen sich sinnvoll ergänzen. Am besten sollte der eine Bereich in Krisenzeiten gut laufen oder stabil sein, um dann durch das Rebalancing günstig bei Aktien einsteigen zu können. Wenn du z. b. versuchst die Niedrigzinsphase auszutricksen weil du in High Yields oder Emerging Market Bonds investierst, funktioniert das nicht.  Damit erreichst du nur, dass dein Portfolio in einem Risk-Off Szenario – also einem allgemeinen, breiten Marktrückgang, komplett abschmiert. Du hast dann nur risky Assets und die Anleihen machen nicht das was sie sollen, nämlich das Portfolio unterstützen und einen sicheren Hafen darstellen. Du brauchst unbedingt auch Save Haven Assets und das sind Anleihen bester Bonität, Gold und der USD. Wenn alle Bestandteile deines Portfolios gleichzeitig fallen hilft dir auch das Rebalancing nichts. Das Rebal ist dann besonders effektiv, wenn die eine Hälfte deines Portfolios gut ist, wenn die andere schlecht ist. Ganz wird das natürlich nie funktionieren, aber zumindest annähernd geht das mit den angesprochenen Save Haven Investments.

Und was du auch noch machen kannst ist ein Overbalancing. Das bedeutet, dass man in ganz besonderen Ausnahmen von seiner langfristigen Portfoliomischung, die man normal rebalanced, abweichen kann. Und zwar Antizyklisch und nicht nur über ein paar Wochen oder Monate, sondern solange, bis sich der zugrundeliegende Umstand wieder normalisiert hat. Und der Umstand ist, wenn wir eine Bewertungsspitze erreichen. Also wenn der Aktienmarkt extrem teuer oder extrem günstig ist. Dafür schauen wir uns auch wieder das KGV10 bzw. Cape an. Wenn man z. b. eine 50-50 Mischung aus Aktien und Anleihen hat, und der Aktienmarkt bricht um 30% ein und in der Folge geht das Shiller-KGV auf 10 oder 12 runter (also der Aktienmarkt ausgesprochen billig ist), dann macht es Sinn antizyklisch in die günstigen Aktien einzusteigen. Aber man darf auf keinen Fall in die Falle des Markttimings treten, wo man sich kurzfristige Gewinne oder Vermeidung von Verlusten erhofft.

Das muss eine langfristige Entscheidung sein, solange bis die Aktien nicht mehr so billig sind.  Ich würde in dem Fall dann die Aktienquote um 20% oder höchstens 30% höher ansetzen als normal.

Von diesen Schwarz/Weiß Spielchen wo man mal ein Jahr voll Im Aktienmarkt investiert ist und dann mal wieder gar nicht, kann ich nur entschieden abraten. Denn das ist pures Markttiming und das ist von vorne herein zum Scheitern verurteilt.

Ich möchte euch zwei Key Takeaways aus dieser Folge mitgeben:

  1. Mache unbedingt ein Rebalancing, es steigert die Rendite, senkt das Risiko und nimmt dir viele schwierige Entscheidungen bei deiner Depotstruktur ab.
  2. Es gibt keine Formeln mit denen man innerhalb von 6, 12, oder 18 Monaten die Marktbewegungen irgendwie seriös vorhersagen könnte. Das musste ich in meiner Bachelorthesis auch feststellen

Ich hoffe da waren viele Tipps für dich und dein Depot dabei, die dir praktischen Nutzen bringen und du sie in der Praxis anwenden kannst. Wenn für dich noch Fragen offen geblieben sind, kannst du sie mir gerne stellen unter benedikt@benediktbrandl.com oder auf meiner Facebookseite.

Ich wünsche euch eine super Zeit und freue mich auf die nächste Folge

Bis dann!

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