#021 Freistellungsauftrag

 

Kurz vor Jahresende noch eine Folge zu einem alljährlichen Thema Dem Freistellungsauftrag und der Frage: hast du ihn für 2020 schon voll ausgenutzt?

Wichtiger Hinweis vorab: ich darf keine Steuerberatung anbieten oder durchführen. Alles was ich hier schreibe ist als allgemeiner Hinweis und nicht als persönliche oder allg. Finanz- oder Steuerberatung zu verstehen. Und meine Ausführungen sind nicht als Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Finanzprodukten zu verstehen. Hierzu müsst ihr euch individuell beraten lassen oder selbst eure Entscheidungen treffen. Zurück zum Thema.

Zuerst zur Frage: Was ist der FSA?

Mit ETFs und Wertpapieren erzielt man Einkünfte aus Kapitalvermögen und für diese Einkunftsart gibt es einen jährlichen Freibetrag von 801 EUR pro Person, bei Ehepaaren sind es 1.602 EUR. Und er kann frei unter den Personen verteilt werden. Wenn z. B. nur ein Ehepartner ein Depot hat, dann könnte einer die 1.602 EUR auch für sich alleine verwenden.

Wie nutzt man diesen Freibetrag?

Grundsätzlich kann man seine Kapitaleinkünfte auch mit der Jahressteuererklärung einreichen, dann wir der Freibetrag ganz automatisch berücksichtigt. Alternativ kann man einen Freistellungsauftrag bei seinem Kreditinstitut oder der Depotbank stellen, wo die Erträge anfallen. Dann weiß die jeweilige Bank bis zu welchem Betrag die Zinsen und Erträge freigestellt sind. Natürlich kannst du den verfügbaren Freibetrag auch auf verschiedene Institute verteile. Nur drüber kommen solltest du mit deinen Freistellungen nicht, sonst gibt’s erheblichen Stress mit dem Finanzamt.

Also die erste Regel ist, immer eine Liste führen, wo man welche FSAs gestellt hat. Oft ist es so, dass die Leute das nicht mehr so genau wissen, wo sie vor zehn Jahren mal was gestellt haben, was nachvollziehbar ist. Dann hilft es nicht und man muss eben alle Banken, Versicherungen und Bausparkassen, wo man entsprechende Verträge laufen hat anrufen und fragen, ob ein FSA gestellt wurde. Ich erlebe es leider viel zu oft, dass völlig unnötig Freistellungen gemacht wurden, wo es gar nicht nötig war oder wo es vielleicht früher noch Zinsen gab und heute nicht mehr. Also zuerst mal einen Überblick verschaffen.

Dann ist die nächste große Frage, ob deine gestellten FSAs schon ausgenutzt wurden oder genauer gesagt, ob du schon genügend Erträge erzielt hast, dieses Jahr. Etwas vereinfacht gesagt gibt es bei ETFs, bzw. Indexfonds zwei Ertragsarten, die in die Rechnung eingehen. Die laufenden Erträge wie Ausschüttungen oder Thesaurierungsgewinne und die Kursgewinne. Ausschüttungen werden sofort beim Zufluss versteuert. Kursgewinne erst bei Realisierung, also wenn man den Gewinn durch Anteilsverkauf ausgezahlt bekommt. Jetzt muss man im Onlinezugang bei der Depotbank oder auf der letzten Ausschüttungsmitteilung schauen, wieviel vom FSA schon verbraucht wurde oder ob noch ein unverbrauchter Freibetrag da ist. Ich mache das Immer ab dem 4. Quartal, weil dann eigentlich alle Ausschüttungen schon gekommen sein sollten und wenn dann noch ein Restbetrag von FSA verfügbar ist, dann kann man diesen mit Kursgewinnen ausfüllen. Einfach gesagt heißt das, man muss einfach Kursgewinne in Höhe des noch verfügbaren Freistellungsauftages realisieren, also Anteile, die im Gewinn liegen verkaufen. Dann wird der Gewinn optimalerweise Abgeltungssteuerfrei realisiert und mit etwas zeitlichen Abstand kann man sich die Anteile wieder kaufen und es läuft alles wieder wie bisher. Das Ziel ist natürlich, dass nachher der gleiche Betrag investiert sein soll wie vorher.

Manchmal bekomme ich dann die Frage was das Ganze bringt, wenn wir einen bestimmten Betrag verkaufen, später wieder einkaufen und dann alles so ist wie vorher. Ich erkläre das dann immer mit einem kleinen Beispiel:

Stell dir vor, ein Anleger hat einen Fonds und macht mit diesem Fonds jedes Jahr genau 800 EUR Kursgewinn (Ein sehr theoretischer Fall). Nach 10 Jahren verkauft er ihn und hat dann 8.000 EUR Kursgewinne erzielt,

Die werden dann beim Verkauf realisiert und versteuert. Im Jahr des Verkaufs steht ihm der Freibetrag von 801 EUR zur Verfügung wie jedes Jahr. Die anderen  rund 7.200 EUR unterliegen der Abgeltungssteuer, sodass grob gesagt knapp 1.900 EUR ans Finanzamt gehen. Wenn der Anleger die 800 EUR Kursgewinn jedes Jahr realisiert und per FSA freigestellt hätte, dann wäre keine Steuer angefallen. Die Nachsteuerrendite hat sich also extrem erhöht, nämlich von 6% auf 8%.

Das war natürlich ein sehr vereinfachtes Beispiel, das man in der Praxis so nie antreffen wird, aber ich glaube ihr versteht, worum es geht. In der Praxis gibt es dann allerdings doch ein paar Umstände, die das Ganze ein bisschen komplizierter machen können.

  • FIFO (First in, First out)
  • Teilfreistellung
  • Kursschwankungen
  • Transaktionskosten

Fangen wir bei der FiFo-Regel an. Das steht für First in, first out. Wenn ich Anteile an einem ETF verkaufe, dann werden immer die Anteile verkauft, die ich zuerst gekauft habe, also die ersten, die reingekommen sind. Wenn ich die Anteile nicht alle zusammen zu einem Kurs gekauft habe, sondern z. b. über einen monatlichen Sparplan, dann hat jeder Anteil einen anderen Kaufkurs und ich kann nicht genau sagen, welcher Gewinn genau raus kommt, wenn ich einen bestimmten Betrag verkaufe. Da müsste man dann schon in die einzelnen Anschaffungsdaten reingehen und das wäre ein unverhältnismäßiger Aufwand. Besser ist es, man schätzt es ungefähr ab und verkauft im Zweifel erstmal weniger und justiert nochmal nach bei Bedarf.

Dann gibt es für nach dem 01.01.2018 gekaufte Anteile die Teilfreistellung. Bei Aktienfonds werden z. b. nur 70% der Gewinne angesetzt und 30% freigestellt, weil dafür vorher schon die Vorabpauschale abgeführt wurde. Das muss man einkalkulieren. Das mach besonders viel Spaß, wenn die Anteile gemischt sind.

Natürlich muss man auch die Kursschwankungen berücksichtigen. Denn in der Zeit, in der man die Gewinne realisiert und das können ja durchaus mehrere Tage sein, können die Kurse natürlich schwanken, bzw. steigen, wenn ich nicht dabei bin. Dieses Risiko besteht natürlich und da gibt’s auch kein Heilmittel dafür. Ich würde es zumindest vermeiden das zu machen, solange es extreme tägliche Kursausbrüche gibt, aber auch das kann sich natürlich vom einen auf den anderen Tag ändern.

Und zuletzt sollte man natürlich noch die Transaktionskosten berücksichtigen. Wenn recht hohe Gebühren für den Handel anfallen sollte, oder bei klassischen Investmentfonds sogar noch Ausgabeaufschläge, dann kann das den Vorteil natürlich kannibalisieren.

Wie eingangs gesagt ersetzt das hier keine individuelle Beratung und es gibt hier einiges zu beachten, also holt euch im Zweifelsfall lieber einen fachmännischen Rat dazu ein.

Und zum Schluss noch ein Hinweis meinerseits. Seit kurzem biete ich auch Webinare zum Thema Investieren an. Aktuell gibt es das Basiswissen-Webinar, auch Zinsen 4.0, wofür ihr euch auf meiner Webseite anmelden könnt unter www.benediktbrandl.com/webinare

Das „Einsteigerwebinar“ erklärt stark komprimiert, warum es sich lohn mit dem Investieren anzufangen, was ETFs und deren Vorteile sind und was die ersten Schritte beim Investieren sind. Falls ihr also jemanden kennt, der noch nicht selbst mit ETFs investiert, oder der sein Geld unters Kopfkissen legt, dann würde ich mich wahnsinnig freuen, wenn ihr die Leute auf dieses Webinar aufmerksam macht. Vielen Dank dafür! Ich werde dazu noch eine eigene Folge machen.

Ich hoffe die heutige Folge hat euch wieder etwas weitergebracht. Gebt mir gerne euer Feedback dazu über meine Webseite und ich freue mich, wenn ihr bei der nächsten Folge wieder dabei seid.

Bis zum nächsten Mal,

euer Benedikt

 

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