#018 Physische und synthetische Replikation von ETFs

 

#018 Physische und synthetische Replikation von ETFs – Hörerfragen 3

In der letzten Folge ging es um allgemeine und spezielle Risiken von ETFs und da kommt man natürlich um die Replikationsmethoden nicht herum. Deswegen geht es heute um die Unterschiede zwischen physisch und synthetisch replizierenden ETFs.Ich habe ja schon einmal erwähnt, dass es zu diesem Thema, speziell zu den synthetischen ETFs einen Fernsehbeitrag von Plus Minus gab, der für meinen Geschmack sehr polarisierend war und für Verunsicherung gesorgt hat. Auf jeden Fall habe ich dann in der Woche einige Anrufe und Mails bekommen und deswegen möchte darauf nochmal genauer eingehen. Zunächst möchte ich wie immer erstmal alle abholen und erklären, was ist darunter zu verstehen? Physische oder synthetische Replikation? Das Ziel eines Indexfonds ist es ja, seinen jeweiligen Index möglichst genau abzubilden. Und dafür gibt es verschiedene Methoden. Entweder physisch oder synthetisch.

Physische ETFs

Die physischen ETFs kaufen tatsächlich in physischer Form die Aktien die in dem Index drin sind. Es sind also die Aktien drin die draufstehen, auf der Verpackung. Auch hier gibt’s zwei verschiedene Varianten. Einmal gibt es vollreplizierende und einmal teilreplizierende ETFs. Beim Vollreplizierenden sind wirklich restlos alle Werte in der genau richtigen Gewichtung im Fonds investiert. Das ist sozusagen dann Bio-Qualität ohne künstliche Zusatzstoffe. Beim Teilreplizierenden ist es im Grund auch so, nur werden nicht alle Aktien oder Anleihen des Index gekauft, sondern nur die, die etwa 90% oder 95% von der Index-Entwicklung ausmachen, dann spricht man vom Sampling. Also Kleinstwerte oder illiquide Werte, die im Einkauf sehr teuer sein können, werden dann weggelassen. Das hat den Vorteil, dass wesentlich weniger Kosten anfallen beim Handel und bei den Spreads und, dass der Fonds liquider im Handel ist. Aber auch den Nachteil, dass die Abbildung nicht mehr so ganz 100%ig ist. Man spricht da von einem erhöhten Trackingerror. Also dass der ETF etwas vom Index abweichen kann, aber es ist trotzdem das drin was drauf steht. Wenn DAX drauf steht, sind beim physischen Modell auch deutsche Aktienwerte drin, wobei es da sehr leicht ist, denn das sind nur 30 große Titel. Anders schaut es aus, wenn ich 1000 oder 2000 Titel in einem Indexfonds abbilden muss. Da kann dann ein synthetischer ETF ins Spiel kommen und bei dem können auch andere Werte drin sein, als in dem Index, den er abbildet.

Synthetische ETFs

Ein synthetischer ETF besteht im Prinzip aus zwei Komponenten. Zum einen aus dem Sicherheitenkorb, in dem die Wertpapiere liegen, die vom Index abweichen können. Und zum anderen aus einem sog. SWAP, also einem Finanzderivat das wie ein Ventil funktioniert. Wenn der abzubildende Index 5% Plus macht, aber die Aktien im Sicherheitenkorb nur 3%, dann entsteht ein „Unterdruck“ von 2%, der irgendwie kompensiert werden muss. Dann muss der Swapkontrahent die fehlenden 2% aus der eigenen Tasche zahlen oder auch andersrum. Dieser Swap verpflichtet die sog. Gegenpartei i. d. R. eine Bank dazu, die Differenz zwischen dem eigentlichen Indexverlauf und dem Korb aus den tatsächlich gekauften Aktien zu erstatten oder auch einzubehalten. Also ein Tauschgeschäft, wie der englische Begriff Swap sagt und in diesem Swap liegt eben ein zusätzliches Risiko. Nämlich das, dass meine Gegenpartei zahlungsunfähig wird und seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann und hierin besteht meine Hauptkritik am Bericht von Plusminus. In dem wurde nämlich bewusst oder unbewusst das Gefühl vermittelt, dass hier im Zweifelsfalle mein ganzes investiertes Geld weg sein kann. Dank den strikten Regulierungen in der EU ist dem aber nicht so.

Kontrahentenrisiko

Das Kontrahentenrisiko – also einfach gesagt der ausstehende Betrag, den die Gegenpartei schuldig ist – darf per Gesetz maximal 10% vom gesamt Fondsvolumen ausmachen. Und 2017 kam auch noch die europäische EMIR Regulierung dazu. Seitdem müssen noch zusätzliche Sicherheiten gestellt werden, damit das Risiko sogar auf nur 5% pro Gegenpartei begrenzt ist. Also in einem sehr überschaubaren Rahmen. Jetzt wurde ich aber gefragt, warum gibt es das überhaupt, dass etwas Anderes in einem Indexfonds drin sein darf, als im eigentlich Index selbst? Hauptsächlich wurden Swap basierte ETFs eingeführt um schwer zugängliche oder aufwändig abzubildende Märkte investierbar zu machen. Z. B. bestimmte Schwellenländer wie Indien, Vietnam oder A-Shares aus China, die früher nur Inländern zugänglich waren, oder auch bestimmte Smallcap-Indices, wie den Russell 2000 beispielsweise. Die Abbildung ist über einen Swap oft exakter und kostengünstiger und früher gab es sogar noch steuerliche Vorteile. Als dritten Grund möchte ich auch nicht ausschließen, dass sich die Swap-Partner Arbitragegewinne daraus versprechen also, dass der Sicherheitenkorb besser läuft als der eigentliche Index und er daraus Erträge erzielt.

Wie sieht das jetzt in der Praxis aus? Als Beispiel nehme ich jetzt mal den MSCI World ETF von DB-Xtrackers. Der Fonds ist zwei Mrd. EUR schwer. Die Renditeverbesserung durch den Swap soll 0,56% betragen. Die Swap Kontrahenten sind die Deutsche Bank, Morgan Stanley, Barclay und Goldman Sachs. Und durch die hinterlegten Sicherheiten beträgt das Nettoausfallrisiko 0%. Also die SWAPs sind hier durch zusätzliche Sicherheiten gedeckt.

Darauf sollte man schon achten, wenn man einen SWAPer kauft, dass zusätzliche Sicherheiten gestellt werden. Das ist nämlich nicht immer so. Und was wir auch noch machen ist, wir schauen uns die Aktien im Sicherheitskorb an. Weil aus meiner Sicht ja nur dann ein wirkliches Risiko entstehen kann, wenn die Sicherheiten sich wesentlich schlechter entwickeln sollten, als der Index und gleichzeitig mein Kontrahent pleitegeht. Die Titel im Sicherheitenkorb weichen jetzt in diesem Beispiel auch nicht allzu stark vom eigentlichen Index ab. Statt 60% amerikanische Aktien sind hier 85% investiert. Dafür sind z. B. kaum europäische Aktien im Korb. Bei der Branchenverteilung ist der größte Unterschied, dass etwa 10% mehr in Technologieaktien und dafür weniger in Banktiteln liegt. Aber im Grunde sind das keine totalen Abweichungen, die eine völlig andere Entwicklung erwarten lassen. Ein anderes Beispiel ist der Vientam ETF, ebenfalls von DB-Xtrackers. Da sind im Sicherheitenkorb hauptsächlich deutsche und amerikanische Aktien und ich denke die würden sich im Falle einer Bankenpleite stabiler verhalten, als die vietnamesischen Titel selbst. Es sind auf jeden Fall ausreichend solide Sicherheiten da, sodass das Ausfallrisiko überschaubar ist, auch wenn die Bank die mein Swap Partner ist, pleitegehen sollte. Und nochmal zur Erinnerung, ich habe das schon mal gesagt. Grundsätzlich ist ein ETF von der Struktur her ein ganz normaler Investmentfonds, nach dem KAGB und daher Sondervermögen, also vom Vermögen des Fonds-Anbieters getrennt. Und von daher besteht ein sehr hoher Insolvenzschutz und meine Anlage ist nicht vom Überleben des Anbieters abhängig.

Fazit

Bleibt mir also nur noch übrig ein Fazit zu ziehen und hierzu kann ich euch meine persönliche Meinung anbieten.

Im Endeffekt sind die Unterschiede in der Wertentwicklung zwischen physischen und synthetischen ETFs in den meisten Fällen sehr gering, zumindest bei den gängigen Indices. Von daher sehe ich keine Notwendigkeit eine komplexe SWAP-Struktur zu kaufen und würde persönlich lieber zum physisch replizierenden ETF greifen, sofern ein vergleichbarer vorhanden ist (was fast immer der Fall ist), und sogar auch dann, wenn er geringfügig teurer wäre. Ich hätte aber auch kein Problem damit mal einen synthetischen zu nehmen, wenn es wenn es deutliche Vorteile gibt– was in exotischen Märkten durchaus sein kann. Wobei ich schon darauf achten würde, dass der Großteil meines Portfolios physisch bleibt. Wo ich z. b. keinen synthetischen ETF haben möchte, ist in manchen Anleihenbereichen,

weil mir da schon öfter aufgefallen ist, dass die Sicherheiten von schlechterer Qualität sind, als im Index

Und speziell bei den Anleihen möchte ich ja auch höchst mögliche Solidität erreichen. Und da brauche ich speziell bei Staatsanleihen wirklich den “Full Faith and Credit”, also die volle Staatsgarantie von der jeweiligen Regierung. Aber so ein großes Risiko, wie es in der ARD dargestellt wurde, ist es ganz sicher nicht.

Wo kann man nachschauen, ob ein ETF synthetisch oder physisch repliziert? Grundsätzlich auf der Seite des Anbieters oder im Factsheet. Das bekommt ihr auf der Seite des Indexfonds Anbieters oder z. b. auf www.Fundinfo.com. Da suche ich als erstes meine Factsheets, weil ich da alles zentral auf einer Seite finde und es vergleichsweise schnell geht.

So das war es für die heutige Folge. Ich würde mich freuen, wenn ihr auch bei den nächsten Folgen dabei seid. Und wenn euch meine Inhalte gefallen, freue ich mich auch über eine Bewertung bei iTunes.

Vielen Dank und bis zum nächsten Mal!

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